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Wurmpromenade
Wurmpromenade
Die Wurmpromenade, das Leuchtturmprojekt des Integrierten Handlungskonzeptes, wurde zwischen 2024 und 2025 errichtet und erstreckt sich barrierefrei über rund 400 Meter. Sie bietet neben besonderen Aufenthaltsbereichen ein innovatives Lichtkonzept, einen durchgehenden, hellen Pflasterbelag sowie Informationstafeln zur Geschichte und Entwicklung der Stadt, deren Inhalt man im untenstehenden Menü findet. Ein zentraler Bestandteil ist die Wurmterrasse, die mit zwei Balkonen und hochwertigen Sitzgelegenheiten einlädt, den Ferdinand-Schmetz-Platz und den Fluss aus neuen Perspektiven zu erleben. Hochwertige Geländer mit unterschiedlicher Blickdichte werden mit ihrer Gestaltung Akzente setzen und für besondere optische Effekte am Wasser sorgen. Hinzu kommt die Einbindung von Hochwasserschutzmaßnahmen in diese besondere Baumaßnahme für die Weiterentwicklung der Innenstadt.
1. Kraftprotz
Fluss im Visier
© Quelle: LANUK NRWDie Wurm hat Power! Über Jahrhunderte nutzte der Mensch die Kraft der Wurm. Auf ihrem 56 Kilometer langen Weg von der Quelle im Aachener Wald bis zur Mündung in die Rur bei Heinsberg trieb der Fluss einst 33 Wassermühlen an. Die Bannmühle an der Kleikstraße war bis 1914 in Betrieb. Aus der Ufermauer hier am Standort gegenüber sprudelt der Broicher Bach als Nebenfluss in die Wurm. Er setzte bis 1908 die Erckensmühle als Öl- und spätere Walkmühle in Bewegung.
© Quelle: Archiv HerzogenrathZwar spendete die Wurm Energie, Fische und Trinkwasser, doch hat sie mit Hochwassergefahren auch ihre Schattenseiten. Nicht ohne Grund steht die Wurm heute auf der Liste der Risikogewässer in Nordrhein-Westfalen. Ihr Wasserstand wird daher engmaschig überwacht. Ganz hier in der Nähe, bei der Wurmbrücke erfasst der Hochwassermeldepegel „Herzogenrath 1“ im Viertelstundentakt Wasserstand, Abflussvolumen und Temperatur. Eine zweite Messstelle findet sich am Broicher Bach in Nähe der ehemaligen Erckensmühle, heute Standort der Feuerwache.
© Quelle: Archiv HerzogenrathDie Messung erfolgt automatisiert über einen Sensor im Wasserschacht, der mit dem Fluss verbunden ist. Die Daten werden über das Mobilfunknetz an das Landesamt für Natur, Umwelt und Klima (LANUK) übermittelt und unmittelbar online gestellt. Um Ausfälle auszuschließen und die Messgenauigkeit zu erhöhen, laufen Wasserstandsmessung, Datenübermittlung und Datensammlung parallel in einem unabhängigen Zweitsystem, das eine kontinuierlich zuverlässige Erfassung sichert.
© Quelle: Feuerwehr HerzogenrathDer Pegelnullpunkt liegt bei 101,75 cm über dem Meeresspiegel (Normalnull). Im Normalfall, dem sogenannten Mittelwasser, beträgt der gemessene Wasserstand 66 cm (Messgrundlagen von 2008-2018). Beim Hochwasser 2021 waren es dagegen 341 cm. Die Hochwasserwarnungen erfolgen in drei Meldestufen; Stufe I: 190 cm, Stufe II: 210 cm und Stufe III: 240 cm. Errechnete Tagesmittelwerte von 1970-2025 zeigen deutlich, dass extreme Hochwasserereignisse zunehmend häufiger auftreten und dabei immer höhere Spitzenwerte erreichen.
Das HQ100 bezeichnet den Abfluss (Q) eines Hochwassers (H), das statistisch in jedem Jahr mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1/100 – das heißt 1 % – auftreten kann. Diese Werte dienen in NRW derzeit als Grundlage für Planungen an Fließgewässern.
Angesichts des Klimawandels wird für die Wurm bereits heute ein zusätzlicher Sicherheitszuschlag von 20 % berücksichtigt. Dieser Zuschlag bildet die Planungsgrundlage für einen umfassenden Hochwasserschutz mit Schutzmauern, Regenrückhaltesystemen sowie mobilen Maßnahmen wie Sandsäcken und Big Bags.
Der „Masterplan Wurm“ wird kontinuierlich weiterentwickelt und bleibt eine gemeinsame grenzüberschreitende Daueraufgabe des Wasserverbandes Eifel-Rur (WVER) mit allen Anrainern im Einzugsgebiet des Flusses.
Geh‘ mal hin
Auf attraktiven Wanderwegen lässt sich die Wurm mit ihren grünen Facetten entdecken – von Herzogenrath bis Aachen oder wurmabwärts bis Schloss Rimburg. Folgen Sie einfach den beschilderten Wanderknotenpunkten.
Von der Mühlengeschichte ist nicht viel geblieben. Die meisten Gebäude sind verschwunden, die Verbliebenen haben neue Funktionen. Eine Ausnahme ist die denkmalgeschützte, restaurierte Baalsbrugger Mühle. Folgen Sie den Wanderknotenpunkten 34-33-37-38-41-44-43 zwei Kilometer wurmabwärts entlang der Bahnlinie.2. Vogelperspektive
Fluss beflügelt
© Foto: archigraphusDie Wurmpromenade durch die Herzogenrather Innenstadt setzt den Fluss eindrucksvoll in Szene. Auf der ausgebauten Flaniermeile erwarten uns verschiedene Ruheorte und schöne Blicke aufs Wasser. Wo heute luftige Balkone mit blauen Schmuckgeländern hinausragen, waren früher Parktaschen. Die Verwandlung vom Stellplatz für Autos zum Aussichtspunkt für Flaneure wollte gut durchdacht sein. Damit die Plattform genug Menschen tragen konnte, musste sie abspecken: Das schwere Betonsteinpflaster, einst für Fahrzeuge gedacht, wurde entfernt. Die Entlastung schuf neue Leichtigkeit und Platz für mehr Menschen auf der Promenade. So entstand in jeder Parktasche nicht nur ein Mini-Skywalk mit Vogelperspektive, sondern auch eine kleine Mulde, eingefasst von einer Sitzbank zum Verweilen.
© Quelle: Historisch Centrum Limburg / Collectie Van der Noordaa (cvdn 240)Anziehend wirkte die Wurm schon immer. Die weiten Auen mit Wiesen und Weiden, fruchtbare Böden und das saubere Bachwasser waren schon zur Keltenzeit gute Gründe zur Ansiedlung gewesen. Auch strategisch war die Wurm vorteilhaft: Am Zusammenfluss von Wurm und Broichbach machte ein schwer zugängliches Sumpfgebiet feindliche Angriffe schwer. An den Wurmbrücken, die mit Stadttoren ausgerüstet wurden, ließ sich die durchlaufende Fernhandelsstraße gut kontrollieren. So entstand auf der trocken gelegenen, leicht erhöhten Flussterrasse am Fuß der Burg ein erster Siedlungskern entlang der Kleikstraße.
© Bettina.KreiselSchau‘ mal hin! – Bockreiter Brunnen
Auf dem gegenüberliegenden Wurmufer, am Ferdinand-Schmetz-Platz, steht der sogenannte Bockreiter Brunnen. Ob die Bandenmitglieder tatsächlich auf Ziegenböcken fliegen konnten, gehört wohl zu den Legenden. Fest steht: Auf Burg Rode gab es ein Gefängnis, eine Folterkammer und einen Gerichtssaal, in dem im 18. Jahrhundert über mutmaßliche Mitglieder der sogenannten Bockreiterbande beschieden wurde. Zahlreiche Überfälle auf Pfarrhäuser und Bauernhöfe sind dokumentiert. Fakten und Fantasie der verängstigten Bevölkerung ließen sich jedoch kaum trennen. Die Bande waren so gut organisiert, dass sie scheinbar überall gleichzeitig auftauchten, so dass die Legende der fliegenden Böcke entstand. Unter staatlichem Druck, die Überfälle schleunigst in den Griff zu bekommen, wendete man Foltermethoden an und fällte zahlreiche Todesurteile auf Basis erzwungener Geständnisse.3. Flaniermeile über Wasser
Fluss herausgeputzt
Entspannter Spaziergang am Wasser und gleichzeitig Schutz vor Überschwemmung: Die Stadt Herzogenrath und der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) brachten beides im Projekt Wurmpromenade zusammen. Die Hochwasser von 2018 und 2021 hatten eindrücklich gezeigt, dass bisherige Maßnahmen nicht mehr ausreichen. So hatte der WVER zwischen Januar und Oktober 2025 den am stärksten gefährdeten Abschnitt des Ufers – von der Eisenbahnbrücke am Kreisverkehr Kleikstraße bis wurmabwärts zum Saint-Gobain-Parkplatz – auf einer Gesamtlänge von 190 Metern ausgebaut und verlängert.
© Foto: WVERAuch aus Perspektive der Stadtentwicklung war man an der Wurm interessiert. Ziel der Städtebaufördermaßnahme „Herzogenrath Mitte“ war es, die Attraktivität der Herzogenrather Innenstadt systematisch zu verbessern. Zum Integrierten Handlungskonzept gehörte ein breites Spektrum an Maßnahmen, die seit 2016 sukzessive umgesetzt wurden. Mit der Wurmpromenade – der größten Maßnahme bei der Umgestaltung der Innenstadt – gelingt es, den Fluss wieder erlebbarer und sichtbarer zu machen. Auf insgesamt 400 Metern führt sie – stets in Begleitung der Wurm – vom Ferdinand-Schmetz-Platz bis zum Alten Friedhof.
© Foto: WVERIn enger Zusammenarbeit von Stadt und WVER wurde die neue Hochwasserschutzmauer in das Stadtentwicklungsprojekt integriert und so zu einem Teil der Promenade. Folgerichtig erfolgten auch Planung und Umsetzung in kooperativer Verzahnung der beteiligten Fachbüros: Achten und Jansen übernahmen den Hochwasserschutz, für die Gestaltung und den Bau der Promenade sorgten archigraphus architektur|raumkonzepte gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Berg und Partner.
© Foto: WVERKaum wahrnehmbar taucht die Hochwasserschutzmauer zwischen Fluss und Promenade ab und ragt nur 0,75 Meter über die Böschung hinaus. Dennoch kann sie Wasserstände von bis zu vier Metern ab Flusssohle aufhalten. Die Wurmpromenade ist hell gestaltet, barrierefrei ausgelegt und als Flaniermeile ausgestattet. Hervorkragende Balkone, Sitzstufen am Wasser und transparent gestaltete Geländer rücken den Fluss wieder in den Fokus und ins richtige Licht. Der Pocketpark lädt mit Bänken und Nestschaukel zur Pause ein und abends setzen besondere Lichteffekte visuelle Akzente.
© Foto: WVERDer Bau der Hochwasserschutzmauer wurde als Maßnahme zur Daseinsvorsorge vom Land NRW mitfinanziert. Die Wurmpromenade entstand ebenfalls mit einem überwiegenden Finanzierungsanteil von Land und Bund im Rahmen des Städtebauförderprogramms Wachstum und nachhaltige Erneuerung.
4. Taktil am Wasser
Fluss für alle
© Foto: archigraphusWer hier spaziert, hat attraktive Begleitung. Mit der Wurm an der Seite führt eine helle, barrierefrei gestaltete Promenade durch die Stadt und setzt den Fluss in Szene: die Wurmpromenade. Unterwegs bietet der 400 Meter lange Weg vom Ferdinand-Schmetz-Platz über den St. Gobain Parkplatz bis zum Alten Friedhof attraktive Sitzplätze, einen Spielbereich mit Nestschaukel und Balkone am Fluss. Und immer wieder hören wir – mal mehr, mal weniger – das Rauschen der Wurm.
© Foto: archigraphusDer Weg ist mit taktilen Elementen ausgestattet, sodass er auch von Menschen mit Sehbeeinträchtigungen sicher genutzt werden kann. An zehn Standorten gibt es kleine Informationstafeln mit ertastbaren QR-Codes und interessanten Informationen rund um den Fluss.
© Foto: archigraphusAn der Wurmpromenade vereinen sich Flaniermeile und Hochwasserschutz. Auf einer Länge von 190 Metern verläuft der Weg zwischen Brückenausgang bis zur Mitte des Betriebsparkplatzes auf dem Rücken einer Hochwasserschutzmauer. Dabei verschwindet die massive Konstruktion größtenteils im Untergrund. Doch hier am Engpass des Brückenbauwerks, durch das die Wurm rauschend strömt und wo sich das Hochwasser aufstauen kann, tritt sie zutage. Die Mauer ist so ausgelegt, dass sie einem Wasserstand von bis zu vier Metern über der Flusssohle gewachsen ist.
Das Projekt ist ein Gemeinschaftswerk der Stadt Herzogenrath und des Wasserverbands Eifel-Rur (WVER). Mit Hilfe von Fördermitteln von Land und Bund konnte die Symbiose aus Hochwasserschutz und Flaniermeile realisiert werden.
Geh‘ mal hin! – Barrierefrei rund um die Stauweiher
Auf zwei Alternativrouten können Sie ganz in der Nähe am Broicher Bach den kleinen und großen Herzogenrather Stauweiher barrierefrei umrunden. Der Weg ist mit einem taktilen Leitsystem für seheingeschränkte und blinde Menschen ausgestattet und über eine Rampe leicht zugänglich. Behindertengerechte Parkplätze stehen am Seerestaurant „Ufer 21“ zur Verfügung.
Auch die Stauweiher leisten ihren Dienst zum Hochwasserschutz und fungieren als Rückhaltebecken.5. Bloß nicht ausufern
Fluss im Nadelöhr
Gemächlich rauscht die Wurm unter der Eisenbahnbrücke hindurch, doch sie kann auch anders. Wenn sie bei Hochwasser tost, wird das Bauwerk zum Nadelöhr: Die Wassermassen stauen sich, der Druck steigt und ebenso der Wasserspiegel. Doch Ausufern ist hier an der tiefsten Stelle der Innenstadt keine Option.
© Quelle: Feuerwehr HerzogenrathEine Reihe von Hochwasserereignissen führten dazu, dass der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) Anfang der 2000er Jahre eine Schutzmauer errichtete und aus hydrologischen wie ökologischen Gründen die stufig betonierte Flusssohle kurz vor der Brücke umbaute. Das tiefere Niveau ermöglicht nun eine erhöhte Wasseraufnahme und Fische können leichter passieren.
© Quelle: Feuerwehr HerzogenrathDoch Starkregenfälle im Oberlauf führten 2018 zu erneuten Überschwemmungen in der Kleikstraße. Tief „Bernd“ setzte 2021 einen dramatischen Höhepunkt. Das Wasser drückte sich 3,50 Meter die Mauern hoch – einen halben Meter höher als drei Jahre zuvor. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk verhinderten durch schnelles Einschreiten mit einem Damm aus mit Sand gefüllten Big-Bags, Sandsäcken und massiven Abpumpaktionen das Schlimmste. Noch ein paar Zentimeter mehr, dann wäre die Innenstadt komplett überflutet worden. Nur dem „Hotel an der Brücke“ an der tiefsten Stelle des Platzes konnte der Einsatz nicht mehr helfen.
© Quelle: Feuerwehr HerzogenrathMit dem „Masterplan Wurm“ will man weiter vorsorgen. Hier im gebauten „Kasten“ unter der Eisenbahn gibt es nicht viele Möglichkeiten, dem Wasser Platz zu verschaffen. Links und rechts liegt das Kanalsystem, oben thront die Brücke. Um besser gewappnet zu sein, folgte 2025 ein massiver Ausbau: Die Hochwasserschutzmauer wurde im Bereich der Brücke erhöht und flussabwärts bis zur Mitte des Saint-Gobain-Parkplatzes verlängert – erstmals auch in einen bislang ungeschützten Siedlungsbereich hinein.
Doch Flüsse sind komplexe Systeme, Hochwassermauern in der Innenstadt machen weitere Maßnahmen flussaufwärts notwendig. Klimawandel und zunehmende Starkregenereignisse verschärfen die Lage. Die Arbeit am Masterplan Wurm geht weiter.
6. Maut und Maler
Fluss inspiriert
Wer hätte das gedacht: Eine Karte der Wurmregion und mittendrin Herzogenrath als bedeutendster, größter Siedlungsfleck, die Stadt Aachen: ein unbedeutendes Dorf! Eine bunte Ladenszenerie setzt die Geschäftszeile der Kleikstraße nahtlos fort und in den gemalten Schaufenstern spiegelt sich die Bahnbrücke. Was ein Berliner Künstlerbüro 2022 hier verewigte, ist reine Inspiration der örtlichen Bevölkerung. Jung und Alt hatten sich mit den Malern und Malerinnen zuvor zusammengesetzt und Motive zur Gestaltung des Brückendurchgangs gesammelt.Ganz aus der Luft gegriffen ist die Illusionsmalerei allerdings nicht, war doch die Kleikstraße einst Teil eines bedeutenden Handelswegs zwischen Rhein, Maas und Nordsee und hatte Herzogenrath zu einer lukrativen Zollstation gemacht. Die Furt an dieser Stelle war günstig zur Querung der Wurm und die spätere Brücke war ideal zur Kontrolle des Durchgangsverkehrs. Mit dem Bau der Stadtmauer im 13. Jahrhundert kamen hier an der Brücke das Wurmtor, an der Burg das Obertor und an einer weiteren Brücke über den vorgelagerten Wassergraben das Eygelshovener Tor zur Sicherung der beiden Hauptstraßen hinzu.
© Repro: Wolfgang SevenichDie durchziehenden Händler wurden zur Kasse gebeten. Für die anfallende Mautgebühr erhielten sie einen Geleitbrief, der ihnen herrschaftlichen Schutz vor Überfällen und einen einwandfreien Wegezustand zusicherte. Auf dem zentralen Marktplatz an der Kirche konnten die Waren zwischengelagert, gehandelt und getauscht werden. Herbergen wie hier an der Brücke sorgten für Kost und Logie. Ein lohnendes Geschäft, so trieben die Brabanter im 13. und 14. Jahrhundert 80 Prozent ihrer Zolleinnahmen im Land von Rode ein. Für die Verwaltung der Gelder war ein Rentmeister zuständig, der sie zum Teil für Wegeverbesserung einsetzte. So auch zur Pflasterung der Kleikstraße, die im Mittelalter den Namen Steinweg trug.
Schau‘ mal hin! – Wandmalerei
Im gemalten Buchgeschäft gibt es Werke zur Herzogenrather Geschichte zu sehen. Selbst „Moby Dick“ hat einen unerwarteten Bezug zum Ort: In den 1950er Jahren stellte ein Herzogenrather Veranstalter unter der Brücke auf einem LKW-Anhänger einen echten Walfisch zur Schau.Geh‘ mal hin! – Burg Rode
Wer der Kleikstraße folgt, kommt zur Burg Rode, der einstigen Zollstation. Im begehbaren Ritterhelm finden Sie einen interaktiven Touchscreen mit spannenden Filmclips, anschaulichen Informationen und einem lustigen Kinder-Quiz zur Herzogenrather Geschichte (Spazierweg über Wanderknoten 32-25).
Geh’mal hin! Burg Rode — Altes Pastorat
Als das Eygelshovener Tor 1766 abgerissen wurde, verwendete man die Bruchsteine zum Bau des Alten Pastorats. Zur Erinnerung hat man den Toransatz mit Ziegelsteinen nachempfunden (Spazierweg über Wanderknoten 32-39)7. Blaue Stadtmauer
Fluss wehrt ab
Wer hier entlang der Wurm flaniert, befindet sich auf historischer Patrouille. Denn im Mittelalter gingen die Stadtschützen hier auf Streife, um die Burgsiedlung mit ihrer lukrativen Zollstation zu bewachen.
B.Kreisel, © Quelle: aixplan, bearbeitet nach M. Gramm / T. SchreiberAls Herzogenrath im 13. Jahrhundert zur unabhängigen „Freiheit“ und Stadt erhoben wurde, begann man mit der Errichtung einer Stadtmauer. In Form eines Fünfecks umschloss sie den historischen Ortskern in Bereichen der Burg, Kleikstraße, Schürhof, Wurmpromenade und Marienstraße.
© Quelle: RHCL, Regionaal Historisch Centrum LimburgHier am Standort stoßen wir auf Überreste dieser Befestigung: die Grundmauern eines sogenannten Schalenturms. Ursprünglich gab es vier solcher halbrunden, zweigeschossigen Bauwerke. Sie kragten nach vorn aus der Mauer heraus; Aussichtsluken ermöglichten den Blick rechts und links ins Gelände. Zur Stadtseite waren die Schalentürme offen, das sparte Materialkosten. Auf der Mauer selbst patrouillierten die Stadtwächter über einen hölzernen, innenliegenden Wehrgang, der mit Stroh und Schindeln überdacht war.
Auch die Wurm erfüllte Schutzfunktion: Dort, wo sie nicht von Natur aus parallel zur Stadtmauer verlief, hatte man den Fluss in Grachten umgeleitet und Wassergräben angelegt. Lediglich der steile Abfall am Burggelände machte einen Graben überflüssig. Neben dem Obertor bei der Burg waren die beiden Brücken über die Wurmgrachten mit Stadttoren gesichert.
Ab dem 15. Jahrhundert genossen die Stadtwächter das ausschließliche Recht, als Lohn für ihre Schutzdienste in den Wurmgrachten zu fischen. Im klaren Flusswasser wimmelte es damals von Fischen und es konnte durchaus sein, dass der Armbrust-Schützengesellschaft 200 Karpfen im Jahr ins Netz gingen.
Geh‘ mal hin! – Mariä-Himmelfahrt und Haus Eynrode
Wenn wir „über die Mauer“ Richtung Burg schauen, lugen die Zwiebeltürme von Mariä-Himmelfahrt und die Dächer von Haus Eynrode aus der Kulisse. Während Herrenhaus und Wirtschaftsgebäude von Haus Eynrode aus dem 17. bzw. 18. Jahrhundert stammen, gab es zu Stadtmauerzeiten an Stelle der heutigen Kirche nur eine mittelalterliche Vorgängerkapelle. Als diese 1780 baufällig war, entstand der erste Neubau. Im Zuge der wachsenden Bevölkerungszahlen durch Bergbau und Industrialisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde auch dieser zu klein. So entstand 1915 die heute denkmalgeschützte Kirche nach den Plänen des Architekten Heinrich van Kann in einer historistischen Stilmischung aus neoklassizistischen und neobarocken Formen.8. Untergrundkämpfer
Fluss mit Rückhalt
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts! Hochwasserschutz bewegt sich oftmals im Verborgenen.
Beim Spaziergang über die Wurmpromenade laufen wir auf der 190 Meter langen Hochwasserschutzmauer zwischen Saint-Gobain-Parkplatz und Kleikstraße. Unscheinbare 75 Zentimeter ragt die Mauer über die Böschung des Wurmufers hinaus. Und auch diese kann man nur nahe der Brücke sehen – hier am Parkplatz ist das Bauwerk lediglich als Oberkante der Promenade erkennbar. Klingt zunächst unspektakulär – doch Mauer und Fundamente des komplexen Wasserbollwerks reichen mehrere Meter tief. Ab der Flusssohle gemessen, kann die Wurm bis zu vier Meter anschwellen, bevor die Oberkante der Schutzmauer erreicht wird.
Auch unter dem Parkplatz wird Hochwasserschutz betrieben – während oben Autos stehen, leisten unten zwei Regenüberlaufbecken ihren Dienst. Gemeinsam mit der Schutzmauer dienen sie dem Hochwasserschutz und nehmen bei Extremniederschlägen große Wassermassen auf.
Mit einer Tiefe von 5,40 Meter und einem Durchmesser von 16,50 Meter fassen die beiden Regenüberlaufbecken jeweils 980 Kubikmeter Wasser. Damit ließe sich ein Fußballfeld 14 Zentimeter hoch fluten.
Im unscheinbaren Ziegelsteinbau auf dem Parkplatz verbirgt sich die Betriebsstation, über die alle Abläufe automatisch kontrolliert und geregelt werden. Den kontinuierlichen Abfluss — auch unter der Wurm hindurch — gewähren zwei unterirdische Pumpen. Bei stärkeren Regenfällen wird überschüssiges Wasser aus der Kanalisation in den Becken zwischengespeichert. Gleichzeitig können sich hier im ruhigeren Wasser Schmutzstoffe absetzen. Ist das Rückhaltevolumen bei außergewöhnlich starken Regenereignissen ausgeschöpft, wird das überlaufende und auf diese Weise gereinigte Mischwasser gedrosselt und direkt in die Wurm abgeleitet.
Sobald das Regenereignis vorüber ist, endet die Zwischenspeicherung und das gesamte Abwasser fließt nur noch direkt Richtung Kläranlage Herzogenrath-Worm, wenige Kilometer nördlich.
Die dritte Akteurin im Bunde der Wasserregulierung ist die grüne Entwässerungsmulde hier an der der Wurmpromenade mit zwei Sitzplätzen, – ein Ort, an dem Hochwasserschutz, Flaniermeile und Ruhezone im Grünen perfekt zusammenspielen.
9. Zur Arbeit waten
Fluss nebenan
Als die Aachener Glashändler Steenebrügge und David 1873 einen Standort zur Spiegelglasherstellung suchten, fiel die Wahl auf ein Gelände in der Nähe des Herzogenrather Bahnhofs. Die Nachbarschaft zur Wurm mochte für Brauchwasser eine gewisse Rolle gespielt haben, doch waren vor allem der Eisenbahnanschluss, die Nivelsteiner Sandwerke als Rohstofflieferanten sowie die Verfügbarkeit von Kohle aus dem Wurmrevier als Energielieferant ausschlaggebende Standortfaktoren.
© Quelle: Stadtarchiv HerzogenrathEs folgten Ausbau und mehrfache Umbenennungen: Aus „Steenebrügge & David“ wurde 1878 die „Herzogenrather Spiegelglas und Spiegelfabrik Dunkel & Co“ und 1900 die „Herzogenrather Spiegelglas- und Spiegelfabrik Bicheroux, Lambotte & Cie“. Als diese 1905 zu einer Gesellschaft wurde, kam die Compagnie de Saint-Gobain als 50-prozentiger Anteilseigner ins Spiel. 1936 schloss der französische Konzern seine vier deutschen Werke zu einer zentralen Zweigstelle, den Vereinigten Glaswerken Aachen (VEGLA) zusammen. In den 1970er Jahren wird er zum Alleineigner, 2000 erfolgt die Umbenennung in Saint-Gobain Werke Deutschland.
Am Standort wird seit Beginn Pionierarbeit geleistet. Édouard Bicheroux, Miteigentümer und Direktor, entwickelte 1905 ein Verfahren, mit dem man Glas erstmals dünn, eben und großflächig auswalzen konnte, ein Meilenstein in der Flachglasindustrie. In Herzogenrath als Pilotstandort wird das Bicheroux-Verfahren erprobt und zur Reife gebracht. In den 1930ern folgt die Einführung und lizensierte Produktion von SEKURIT, einem patentierten Einscheibensicherheitsglas. Als 1971 eine hochautomatisierte Floatglasanlage mit einer Produktion von bis zu 750 Tonnen Dünnglas pro Tag eingeweiht wird, gehört diese zu den modernsten in ganz Europa. Mit 3.000 Beschäftigten erreicht der Betrieb in den 1970ern einen Höchststand.
© Quelle: Feuerwehr HerzogenrathWeitere Innovationen in Produktion und Veredlung folgen bis heute: Isolierglas, Spezial-Beschichtungen für Wärmeschutz und optische Eigenschaften, Hightech-Glas für Architektur und Technik sowie die Erprobung von Wasserstofftechnologien und CO2-neutraler Glasproduktion. Am Standort Herzogenrath befindet sich mit „Saint Gobain Research Germany“ eines von acht internationalen Forschungs- und Entwicklungszentren des Konzerns. Im Zentrum stehen Gläser mit integrierten Sensoren und Antennen, Heizfunktionen oder der Fähigkeit auf Knopfdruck zwischen milchiger und klarer Transparenz zu wechseln.
… und die Wurm?
Sie war nicht immer eine angenehme Nachbarin. So schrieb der Glashersteller nach einem Hochwasser am 23.2.1940 an die Stadt Herzogenrath: „Sie wollen aus diesen Bildern ersehen, dass die Straße vor unserem Werk stark überschwemmt … (und) auch ein Teil des Bahnübergangs überflutet war. Unsere gesamte Belegschaft musste beim Schichtwechsel durch das Wasser waten... Wir bitten hiermit, dafür Sorge zu tragen, dass diesem Übelstande abgeholfen wird.“
10. Anfang und Ende
Fluss im grünen Korsett
Endstation Friedhof? Ob die Wurmpromenade hier endet oder beginnt, bleibt Ansichtssache. Sicher ist: Zwischen Altem Friedhof und Ferdinand-Schmetz-Platz führt sie als attraktive Flaniermeile am Fluss mitten durch das Herzogenrather Zentrum.
Doch auch die kanalisierte Wurm zeigt sich im grünen Gewand: Buschige Ufervegetation, Erlen, Eschen und Weiden begleiten die Wurm aus der Stadt hinaus. Flussaufwärts Richtung Innenstadt, laden Sitzstufen, Bänke und der kleine „Pocketpark“ als grüne Oasen zur Pause.
© Foto: Bettina KreiselAuch für die Wurm ist am Friedhof nicht Schluss – im Gegenteil. Während sie hier noch kanalisiert verläuft, findet sie flussabwärts ihre Freiheit zurück. Hinter Fabrikgelände und Kläranlage schlängelt sie sich durch alte Weidenauenwälder und Feuchtwiesen. Die Flussmäander bilden wichtige Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen. Deshalb stehen die Abschnitte „Wurmtal nördlich Herzogenrath“ zwischen Kirchrather Straße und Schloss Rimburg sowie das südliche Pendant zwischen Aachen-Soers und Herzogenrath-Straß unter Naturschutz. In weiten Teilen sind sie zusätzlich als europäische Vogelschutzgebiete (FFH-Gebiete) anerkannt. Mit einem zusammenhängenden Verlauf von bis zu zehn Kilometern gehört die Wurm zu den längsten frei mäandrierenden Flussverläufen in ganz NRW.
© Foto: Dominik Ketz, StädteRegion AachenGeh‘ mal hin! – Der Alte Friedhof
Auch auf dem Alten Friedhof liegen Anfang und Ende eng beieinander. Heute präsentiert er sich als idyllischer, parkähnlicher Ruheort mit altem Baumbestand, historischen Grabmalen und Steinplatten mit besinnlichen Zitaten. Seine Geschichte reicht bis 1879 zurück, als die Reichsregierung die Stadt Herzogenrath aufforderte, weitere Begräbnisstätten einzurichten. Zwischen 1895 und 1910 wurde das Gelände erweitert.
Beisetzungen finden hier keine mehr statt. Im Rahmen der EuRegionale 2008 erfuhr der Alte Friedhof eine Neugestaltung als Park. Dabei wurden Steinplatten mit Sinnsprüchen aufgestellt, die an alte Grabplatten erinnern und sich harmonisch ins Ambiente fügen. Die historischen Gräber blieben erhalten – darunter die Ehrengräber von Bürgermeister Johann Aretz (1901-1918) und Pfarrer Arnold Schmitz († 1912) sowie eine Kriegsgräberstätte für die Soldaten, die 1944 während der alliierten Befreiung gefallen sind.