Herzogenrather Papierboot auch in Brüssel mit dabei


Im Wind der Veränderung Segel setzen

Vieles von dem, was als Fluchtbewegungen und Völkerwanderungen in der Menschheitsgeschichte zwar nie ohne Spannungen verlief, aber weit normaler wahrgenommen wurde, bekommt dann neue Akzente, wenn wir uns selbst in unserer Wohlstandsnische im Blick auf Migranten unversehens auch selbst in Rolle als Mitverursacher für solche globalen Bewegungen angesprochen und gar ertappt sehen. 

Insofern war der Zeitpunkt mehr als gut gewählt, als die AWO Sachsen-Anhalt vor nahezu drei Jahren schon ein erstes Konzept entwarf, dieses Phänomen ansichtig zu machen. Auf Flucht besehen naheliegend wählten sie damals die "100-Boote-Aktion" als visuelles Zeichen für 100 Millionen Menschen weltweit unterwegs aus, um wenigstens ansatzweise den Blickwinkel dafür zu schärfen, wie viele Menschen wegen Hunger, Kriegen und Klimakrisen schon jetzt hauptsächlich als Binnenflüchtlinge ihre Heimat verlassen müssen und sich auf den Weg machen. 

So wurde ein Künstler gefunden, der eine Falttechnik erdachte, 100 faltbare Riesen-Origami-Papierboote von schließlich 5,20 mtr. Länge zu erdenken und zusammen mit dem AWO-Landesverband bundesweit nach kreativen Gruppen, Schulen und Verbänden zu suchen, die bereit waren, sich künstlerisch vor Ort zu engagieren, um jeweils eines dieser Boote individuell zu gestalten. 

In Herzogenrath nahmen sich die Akteure des "Soziokulturelles Zentrum Klösterchen" zusammen mit dem Ortsverband Merkstein der Sozialistischen Jugend Deutschlands dieser inhaltlich kreativen Herausforderung gerne an, um dadurch mehr Verständnis und Empathie für Flucht und Flüchtlinge auch vor Ort zu erzielen zu versuchen, auch weil das ohnehin zur DNA ihrer alltäglichen Arbeit gehört. Nachdem das Herzogenrather Boot in Workshops im Klösterchen kreativ gestaltet worden war, wurde es zunächst an verschiedenen Stellen in der Stadt gezeigt. 

Als weitere Etappe fand es sich auf Einladung der AWO dann mit allen mittlerweile gar 110 Booten bundesweit am 24. Juni 2024, dem Weltflüchtlingstag, auf der Museumsinsel in Berlin zur ersten großen Präsentation des Gesamtprojektes wieder, wo ein  ausdrucksstarkes Zeichen der Solidarität durch dieses sozialkritische Kunstprojekt inmitten der Hauptstadtöffentlichkeit mit dem Ziel, im Wind der Veränderung allem zum Trotz die Segel zu setzen, gezeigt wurde.

 

Nach der Rückkehr der Boote in ihre jeweiligen "Heimathäfen" war es nun im Mai soweit, wieder in "See" zu stechen und die Kunstwerke, die nun schon auf 130 Boote angewachsen waren, weil auch die Zahl der Geflüchteten weltweit enorm gestiegen ist,  auf dem Paul-Henri-Spaak-Platz vor dem EU-Parlament erneut zu zeigen und zusammen mit einem großen Bühnenprogramm die Stimme für das Fluchtphänomen zu erheben, dass aus Sicht der Akteure keinesfalls aus der Perspektive eines Problems alleine, sondern auch als Bereicherung anzusehen ist, trotz der mit der Flucht verbundenen Schicksale mit anderen Menschen und Kulturen neu in Kontakt zu kommen. 


Als eines von zweien der bunten Vielfalt der 130 Boote auf dem Platz wurde dem Herzogenrather Boot die Ehre zuteil, nach der öffentlichen Präsentation auch zur Vernissage ins Ausstellungsfoyer des EU-Parlaments eingeladen zu werden, um dort über eine weitere Woche hinweg für Parlamentarier und Parlamentsbesucher ein unübersehbares Zeichen zu setzen.

Nun ist das Boot, dass auch für die Mitgliedschaft Herzogenraths im "Bündnis Sichere Häfen" stand, wieder nach Roda zurückgekehrt und wartet auf die Präsentation in weiteren Häfen in der StädteRegion und gerne auch in der Schwesterstadt Kerkrade.